FAHR ZUR HÖLLE,LIEBLING

Natürlich hat es in Kalifornien ein Erdbeben gegeben, und da fiel mir wieder ein,

wie sehr ich sie alle hasse, all diese erfolgreichen, zufriedenen, vernünftigen Leute

mit ihren schmierigen Egos. Ich sah die kaputten Freeways im Fernsehen und wurde

von einer grimmigen Freude gepackt. Ich habe Verwandte dort und ich habe sie nicht

einmal angerufen. Sie leben da draußen wie Rockstars, wie die Schickeria. Ich lese

grade Gibbon's "Decline & Fall of the Roman Empire"; von mir aus können die alle

zur Hölle fahren. Ich weiß noch, wie ich mich, schwindelig von Aufputschmitteln und

Hunger, die Straßen entlangschleppte, Schwachsinnige und Trottel scheißüberall, die

Sonne drang in jede Ritze des deprimierenden Gehsteigs, und die Musik die ich

verflucht nochmal hasse, dröhnte mir in den Ohren, unentrinnbar: Bee Gees, Elton John,

Carpenters, Seals & Crofts, Jackson Brown, The Knack, Black Oak Arkansas, nur nicht

meine verdammte Musik. Nein, sie haßten meine verdammte Musik, oder sie lachten

einfach darüber, und deshalb haßte ich sie, ganz einfach, das ist mein Motto:

LIEBT MICH; SONST HASSE ICH EUCH.

Stirb, unwissender Abschaum, ersticke und ersaufe in einer Flut von " summerbreeze

makes me feel fine blowin through the castles of my miind ohh oh ahahahaha stayin'alive

stayin' alive its a girl my lord in a flatbed ford" , verdammtes BlaBla, "ma ma ma my Sharona,

go Jim Dandy go Jim Dandy" - ABSOLUTE LÜGEN UND MIST.

Es gibt kein Schloß in deinem Kopf, du bist ein verdammter Versager, du Songschreiberdepp,

und ich muß mir dein schwuchteliges Blödsinnsgeträller im Radio anhören, in den teuren Autos,

in denen ich mitfahre, ohne sie mir leisten zu können, in den Supermärkten, in denen ich klaue, bei

den Groupies, männlich oder weiblich, die reich genung sind, sich mit mir herumzutreiben. Ich

leiste ihnen Gesellsschaft und kriege dafür was zu essen und ein Dach über dem Kopf, und dabei

bin ich ein großer Künstler, verfluchter Mist, doch das begreift ihr nicht weil an euch

ÜBERHAUPT NICHT GROß IST. Ihr haltet euch für clever und mich für einen Trottel, aber

ihr seid nicht clever. Ich bin euch Planeten und Welten vorraus und tausendmal besser als ihr,

und ich will, das ihr verdammt noch mal verschimmelt und verfault, ich will das ihr es mit der

Angst kriegt, das ihr begafft und ignoriert werdet und an euch selbst zweifelt und einseht,

was für ein billiger Haufen Müll ihr seid. Gebt mir, was ich verflucht noch mal brauche, ein bißchen

verdammten Respekt und Achtung will ich von euch und eurer verdorbenen, kranken,

autoritätshörigen, pseudoschicken, falschlächelden Messerstecher-Hollywood-Traumgesellschaft,

diesen Sack voll Abfall, diesem Geschmeiß USA über alles, alles bloß Superbowl, Atomkraftwerke,

Bud Weiser, Big Mac, Titten, Titten, Titten und noch mehr Titten und immer noch größere Titten,

Arschkriecher, vulgäre , brutale, ganz einfach verdammt bescheuerte, schweinisch fette, langweilige

Whiskeys, mit weißem Brot, weißen Träumen, alles in weiß, geduldige, gefährliche Asiaten, die wissen,

das sie uns alle überdauern werden, melodramatische Indianer, idiotische, laute, tumbe Rockbands,

die nicht rocken, durchgeknallte Herzschmerz_Börsianer, Rechtverdreher und Naziärzte und

drumherum nur genopptes Plastik, heißer und kalter Asphalt, aufdringliche Werbung und überall

Stimmen, die mir sagen, was ich zu tun habe, und nervende Entertainer, die versuchen gleichzeitig

scharfsinnig und lustig zu sein, sensibel und chauvinistisch, ordinär und distinguiert.

Und jeder tut so, als gebe es nur Amerika, dabei sind euch fast alle anderen Länder überlegen und

auch die Mädchen sind woanders hübscher, also HALTET DIE SCHNAUZE ,krepiert und laßt mich

in Ruhe; denn es ist mir egal, was ihr denkt, und jedem anderen sowieso,ihr seid einfach zu feist, zu

verblödet, zu lächerlich.

Außerdem ist auf jedem Essen gottverdammter Käse, überhaupt ist überall Käse, und noch nicht mal

guter Käse, nein, irgendein unglaublich leuchtend oranger, radioaktiver käseähnlicher Brotaufstrich

mit Bindemitteln aus Mineralölkleber oder kleine Stapel von zwei Millimeter dicken Käsescheiben,

labberig und gummiartig, beim öffnen geruchlos. und deshalb verkaufen sie sich so gut den die

Amerikaner HASSEN ES, ZU RIECHEN. Dann gibt es noch Biokäse mit kleinen Smileys auf der

Packung oder Kühen mit Blumengirlanden um den Hals und Namen wie PARADISE FARMS oder

EDEN MOUNTAIN. Auf den Hamburgern ist Käse, auf der Pizza, auf den Backkartoffeln, auf

den verdammten Thunfisch Sandwiches, Herrgott sogar auf Jesus Christus. Dieser Käse ist tief und

fest in der Seele Amerikas verwurzelt. Amerika hat Jesus Christus mit Schmelkäse eingeschmiert, und

jetzt kann er nicht mehr atmen, und er lernt es zu hassen - genau, Jesus Christus haßt, er haßt Amerika,

erhaßt eigentlich alles, er kann nicht anders, er ist schon verkorkst, zu oft mißbraucht worden. Ich weiß

Bescheid, denn ich bin wie er. Wenn nicht ich, wer dann? Denn ich bin Amerikaner und wir besitzen alles,

was sich zu besitzen lohnt, einschließlich all der Nazi-Spitzenwissenschaftler. Wir haben ihnen Labors

gegeben und Häuser in den Vorstädten, in Amerika, dem vierten Reich, und wir haben auch Jesus gekauft

und deshalb ist Jesus jetzt Amerikaner, und zwar ein irrer amerikansicher Outcast wie ich, und Jesus ist

Liebe wie ein blöder, schmalziger Popsong von irgendeinem aufgeblasenen Pseudorockkünstler, der den Leuten

das Geld aus der Tasche zieht.

Das komische ist, das ich eigentlich jeden den ich treffe lieben will, mich mit ihm anfreunden und spielen will,

aber fasst jeder kommt mir zu dumm und deswegen hasse ich ihn dann. Ich weiß, das ist schlimm, Aber es zu

leugnen, wäre der erste Schritt dazu, mich selbst zu verleugnen, meinen Dreck auf dem Gehsteig und meinen

Hass auf Pink Floyd nach dem Rausschmiss von Syd Barret, meinen Brechreiz bei "WE ARE THE WORLD"

und diesem ganzen verlogenen Hype Konzert für Äthiopien, das nicht Äthiopien nutzen sollte sondern

gewissen Rockkarrieren und dem Image der Briten, die sich der Öfentlichkeit und sich selbst als

wohltätige zivilisierte Imperialisten verkaufen wollen, und wie sehr ich Peter Gabriels synthetischen Hit

"Sledge Hammer" hasse, der als Steam recycled und wiederveröffentlicht wurde, der reine Zynismus und eine

Ohrfeige für meine Religion, die Musik, meine einzige schöne Freundin. Jedesmal wenn ich verfluchte

Drecksmusik höre, dann weiß ich einfach, das ich sie nie nie nie mögen oder aktzeptieren oder beklatschen

werde. Und wenn ich's mir erlauben könnte, würde ich noch viel mehr sagen und demaskieren und bepöbeln,

alles was es gibt, aber ich bin zu klein, und überhaupt verschwende ich damit nur mein Hirn und deshalb

nehme ich mir nur BEISPIELE vor. Das ist mein Rock'n'Roll, mein Kinnhaken für die ganze verdammte

Gesellschaft, an Beispielen zu demonstrieren, wie mies und schäbig das alles ist. Wenn du das genau so siehst

wie ich und mir deine Titten und dein Geld geben magst, ein offenes Ohr, eine helfende Hand, Zeit und

Verständniss für mich hast und dich mit mir anfreunden kannst, dann tu es, ich nehms gern an und dich dazu,

doch wenn nicht, VERPISS DICH.

Und ihr,die neuen Generation "alternativer" College-Arschlöcher, ihr könnt euch euren zynischen, feigen

Folk-Rock-Kunst-Dreck, diese aufgewärmte Brühe mit neunmalkluger Medienkritik und mit Chinin gestrecktem

schlechten Dope, diesen lahmarschigen Abklatsch von Musik in ein Kondom stecken und wegschmeißen. Ihr

würdet Scheiße fressen um bei MTV zu landen.

...........

Scheiß drauf. ich hasse sie.

 

<IGGY POP, 1994>

aus "SPIEGEL SPEZIAL - POP UND POLITIK"

 

 

Brief des Indianerhäuptlings Seathl an den Präsidenten der USA aus dem Jahre 1855

 


Der große Häuptling in Washington läßt uns wissen, daß er unser Land kaufen will. Er sagt uns dazu Worte der Freundschaft und des guten Willens. Dies ist sehr freundlich von ihm, da wir wissen, daß er kaum auf unsere Freundschaft angewiesen ist. Wir werden uns aber euer Angebot überlegen, da wir wissen, daß, wenn, wir es nicht tun, der weiße Mann vielleicht kommen mag, um uns unser Land mit Hilfe von Gewehren wegzunehmen. Was Häuptling Seathle sagt, kann der große Häuptling in Washington mit der gleichen Sicherheit als wahr nehmen, mit der unsere weißen Brüder mit der Wiederkehr der Jahreszeiten rechnen können. Meine Worte sind wie die Sterne, sie gehen nicht unter.
Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen - wie die Wärme des Landes? Diese Idee scheint uns sehr merkwürdig. Wir besitzen auch die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht! Wie könnt ihr sie da von uns kaufen? Jedes Stück dieses Bodens ist meinem Volk heilig. Jede schimmernde Kiefernnadel, jedes sandige Ufer, der zarte Dunst in der Dunkelheit der Wälder, jede Lichtung und jedes summende Insekt ist der Erinnerung und dem Erleben meines Volkes heilig.

Wir wissen, daß der weiße Mann unsere Art und Weise nicht versteht. Das Schicksal seines Landes ist ihm so egal wie das eines anderen, da er in der Nacht kommt und vom Land nimmt, was immer er braucht. Die Erde ist nicht sein Bruder, sondern sein Feind. Wenn er den Grund erobert hat, zieht er weiter. Er läßt die Gräber seiner Väter zurück und zerstört rücksichtslos den Boden für seine Kinder. Sein Appetit wird die Erde verschlingen und nur eine Wüste zurücklassen. Der Anblick euerer Städte schmerzt die Augen der Rothäute, aber vielleicht nur deshalb, weil der Rote Mann nur ein Wilder ist und nicht versteht ........

Es gibt in den Städten der Weißen keinen Ort der Stille, keinen Ort, dem Singen der Frühjahrsblätter oder dem Knispeln eines Insektenflügels zu lauschen. Aber vielleicht deshalb, weil ich ein Wilder bin und nichts verstehe, erscheint meinem Ohr der Lärm so Schmerzhaft. Was ist das für ein Leben, wenn ein Mensch den lieblichen Ruf des Whippoorwill nicht hören kann oder die Stimme der Frösche um einen nächtlichen Tümpel. Ein Indianer liebt den weichen Klang des Windes sehr, wenn er über das Gesicht eines Sees streicht, und dem Duft des Windes, wenn er von einem Mittagsregen reingewaschen ist oder von einer Pininkiefer mit süßem Geschmack beladen ist. Die Luft ist dem Roten Mann teuer, deshalb, weil alle denselben Atem haben: Die Tiere, die Bäume, die Menschen. Der Weiße Mann scheint die Luft die er atmet, gar nicht zu merken; wie ein Mensch der tagelang dahinstirbt, ist er für den Gestank empfindungslos.

Falls ich mich entscheiden sollte, dem Angebot zuzustimmen, werde ich eine Bedingung zu stellen haben: Der Weiße Mann muß alle Tiere des Landes als seine Brüder behandeln. Ich bin ein Wilder, und verstehe es nicht anders. Ich habe schon tausende verwesende Büffel auf der Prärie gesehen, von Weißen Männern zurückgelassen, die sie von einem vorbeifahrenden Zug aus abknallten! Ich bin ein Wilder und verstehe es wirklich nicht, wie das rauchende Eisen-Pferd wichtiger sein kann als der Büffel, den wir nur töten um zu leben. Was ist der Mensch ohne die Tiere? Wenn alle die Tier nicht mehr da wären, würde der Mensch an der großen seelischen Einsamkeit sterben, denn alles was den Tieren wiederfährt, trifft auch die Menschen. Alle Dinge sind miteinander verbunden. Was immer der Erde zustößt, stößt auch den Söhnen der Erde zu!

Vielleicht könten wir verstehen, wenn wir wüßten, was der große Traum des Weißen Mannes ist, welche Hoffnungen er seinen Kindern an langen Winterabenden erzählt, welche Visionen er ihnen in den Geist brennt, daß sie es sich für morgen wünschen. Aber wir sind Wilde. Die Träume des Weißen Mannes sind uns verborgen. Und weil sie uns verborgen sind, gehen wir unsere eigenen Wege. Wenn wir zustimmen, dann deshalb, um wenigstens die Reservation, die ihr uns versprochen habt, zu retten. Vielleicht dürfen wir dort unsere kurzen Tage noch so verleben, wie wir es wollen. Wenn der letzte Rote Mann von der Erde verschwunden sein wird, wenn die Erinnerung nur noch dem Schatten einer Wolke gleicht, die über die Prärie zieht, werden jene Ufer und Wälder dennoch die Seelen meines Volkes festhalten, da sie dieses Land so lieben, wie ein Neugeborenes den Herzschlag seiner Mutter liebt. Wenn wir euch unser Land verkaufen, liebt es so, wie wir es geliebt haben. Sorgt euch darum, wie wir uns gesorgt haben. Haltet fest in euerem Gedächtnis, wie das Land aussieht, wenn ihr es nehmt.

Eins wissen wir, und der Weiße Mann wird es vielleicht eines Tages auch entdecken: Unser Gott ist derselbe Gott. Ihr mögt jetzt denken, daß ihr ihn so besitzt, wie ihr auch das Land besitzen wollt. Aber das könnt ihr nicht. Er ist Gott für alle Menschen. Und sein Mitleid für die weissen und die roten Menschen ist dasselbe. Ihm ist die Erde wertvoll, und die Erde zu verletzen heißt, Verachtung auf den Schöpfer zu häufen. Macht weiter, euer Bett zu beschmutzen, und eines Nachts werdet ihr in euerem eigenen Müll ersticken. Wenn die Büffel alle abgeschlachtet sind, die wilden Pferde alle gezähmt, die heimlichen Winkel des Waldes schwer vom Geruch vieler Menschen und der Anblick der reifen Hügel von ratschenden Weibern verdeckt ist, wo ist dann das Geheimnis des Dickichts? Es ist fort. Wo ist der Adler hin? ER IST FORT!

Mit all eurer Kraft, mit all eurem Mut und mit ganzem Herzen bewahrt es für euere Kindern und liebt es so, wie Gott uns alle liebt. Eines wissen wir: Unser Gott ist derselbe Gott. Die Erde ist ihm wertvoll.